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Der Hirte und seine Hunde

  • Autorenbild: Matthias prieth
    Matthias prieth
  • 20. Jan.
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 31. Jan.

Eine symbiotische Beziehung zwischen Mensch und Tier




Gender-Hinweis

 

Zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Artikel das generische Maskulinum verwendet. Die in dieser Artikel verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.


Einführung

Schon alte Kupferstiche zeigen Hirten oft gemeinsam mit ihren Hunden. Diese und viele weitere solche Darstellungen verdeutlichen, dass Hunde schon seit jeher eine wesentliche Rolle bei der Arbeit der Hirten spielten. Zwar wandelte sich diese Arbeit im Laufe der Zeit immens, dennoch blieb in ihr der Charakter einer symbiotischen Beziehung zwischen Mensch und Hund erhalten.

 

Historischer Einsatz von Hunden an der Herde

Hunde hatten in früheren Zeiten vor allem die Aufgabe, die Herde in Bewegung zu setzen. Sie halfen dabei, die Schafe zusammenzutreiben und sie in die gewünschte Richtung zu lenken. Dies war besonders wichtig auf den weitläufigen Allmende-Weiden, die den Hirten zur Verfügung standen. Die Landschaft war weniger fragmentiert, und die Tiere konnten relativ frei umherziehen. Zu jener Zeit war der Viehtrieb nicht das einzige Aufgabenfeld dieser Hunde. Eine weitere wichtige Funktion war der Schutz der Herde vor Großraubwildtieren und Viehdieben.


Als Allmenden bezeichnet werden Weiden-, Wald- und Ödlandflächen, die von den dazu berechtigten Bewohnern eines Siedlungsverbands ― eines oder mehrerer Dörfer, Weiler oder Hofgruppen ― zur kollektiven wirtschaftlichen Nutzung ausgeschieden waren
Als Allmenden bezeichnet werden Weiden-, Wald- und Ödlandflächen, die von den dazu berechtigten Bewohnern eines Siedlungsverbands ― eines oder mehrerer Dörfer, Weiler oder Hofgruppen ― zur kollektiven wirtschaftlichen Nutzung ausgeschieden waren

 

Moderne Herausforderungen

Heute hat sich die Situation verändert. Der ökonomische Druck auf die Viehhalter ist groß. Die Kleinviehbestände haben sich stark reduziert.  Die Landschaft ist nahezu vollständig aufgeteilt und die alten Allmendeweiden sind fast verschwunden. Auch das Hirtenwesen ist einem hohen Druck ausgesetzt und in vielen Regionen zur saisonalen Arbeit geworden oder ganz verschwunden. 

Dies Alles führte zu neuen Herausforderungen für die Arbeit der Hirten und insbesondere ihrer Hunde. Straßen, Wälder, Äcker, Städte – Das alles ist zur Barriere für den Viehtrieb geworden. Nicht jeder Grundbesitzer ist erfreut, wenn Hirten mit ihrem Vieh auf seinem Land auftauchen. Daher ist es die Aufgabe des Hirten, die Herde gekonnt dorthin zu manövrieren, wo das Weiden erlaubt ist. 

Solche Rahmenbedingungen haben aus dem groben Alleskönner-Hund, den auf bestimmte Arbeiten spezialisierten Koppelbedarfs-, Herdengebrauchs-, oder Herdenschutzhund gemacht.

 

Hier stehe ich aktuell mit meiner Herde. Im Hintergrund sieht man das zerstückelte Ackerland
Hier stehe ich aktuell mit meiner Herde. Im Hintergrund sieht man das zerstückelte Ackerland

Mein Hundeteam

Zu meinem Hundeteam gehören derzeit zwei Hunde: Kira und Luna. Beide haben spezifische Aufgaben und ergänzen sich hervorragend.

 

Kira



Kira ist eine vierjährige Border-Collie Hündin und wird als Koppelgebrauchshund eingesetzt. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, mich beim Pferchen zu unterstützen. Sie treibt die Herde in den Pferch und vom Pferch raus und auf die gewünschte Weide. Ansonsten läuft sie meistens neben mir und korrigiert gelegentlich die Herde, wenn dies notwendig ist.

Kira ist eine Hündin, die zufällig zu mir gefunden hat. Die Geschichte ihres ersten Lebensjahres ist unklar, aber es muss ein bewegtes Jahr gewesen sein, in dem einiges schiefgelaufen ist. Als Kira zu mir kam, war sie sehr ängstlich, insbesondere vor Stöcken. Dies stellte ein großes Problem für mich dar, da ich bei meiner Arbeit stets einen Hirtenstock benutze.

Meine Tochter und ich haben uns jedoch schnell in den Hund verliebt und beschlossen, dass wir sie behalten. Wenn sie nicht arbeitet, ist sie ein hervorragender Kuschelhund! In dem Sommer, in welchem Kira zu uns kam, war ich Hirte auf einer Kuhalp in Südtirol. Leider konnte ich dort nicht lange bleiben, da ich mir nach drei Wochen die Hand verletzte und operiert werden musste. Während dies für mich Pech bedeutete, stellte es sich für Kira als Glück heraus. Denn in dem halben Jahr Pause, das sich so ergab, konnte sich Kira an ihr neues Umfeld in aller Ruhe anpassen.

Die Angst vor Stöcken konnten wir mit einer einfachen Methode therapieren. Ich habe in meiner Wohnung überall Stöcke platziert und beim Spazieren immer einen dabei gehabt. Mit der Zeit verstand sie, dass ein Stock bei mir kein Schlagwerkzeug ist. Als meine Hand wieder genesen war, versuchte ich es dann erneut mit dem Training bei Schafen, und siehe da - sie hatte wieder Spaß daran.

 

Das Training verlief langsam, und im Sommer arbeite ich stets mit Kühen, wo Kira deutlich mehr Druck* ausüben muss als bei Schafen. Hier entsteht nun ein Problem - Kira ist ein extrem schneller Hund mit viel Druck, da sie meistens an Kühen gearbeitet hat. Jetzt, wo sie intensiver mit Schafen arbeitet, ist es eine große Herausforderung, ihr diesen Druck zu nehmen. Das könnte Gegenstand eines eigenen Artikels sein mit dem Titel: „Kira, mein Traumhund, der mich immer wieder an den Rand der Verzweiflung bringt!“

 

Was mir abschließend zum Thema Kira wichtig ist zu erwähnen: Seien Sie vorsichtig, wenn Sie sich einen älteren Hund anschaffen. Man kennt oft seine Vorgeschichte nicht, und er trägt möglicherweise Lasten mit sich, mit denen man als unerfahrener Hundehalter schwer zurechtkommt.

Luna



Luna ist eine zweieinhalbjährige Altdeutsche Hütehündin und dient als Herdengebrauchshund. Ihre Aufgabe besteht darin, Schafe an ihrem Platz zu halten. Sie läuft selbständig ihr angezeigte Grenzen auf und ab, damit kein Schaf diese Grenzen überschreitet oder (in unerwünschte Gebiete gelangt.)

Luna ist erst seit kurzem bei mir und erweist sich als äußerst sympathischer und fabelhafter Arbeitshund. Nach der Arbeit entspannt sie gerne im Wohnwagen und genießt Streicheleinheiten. Obwohl sie ein toller Hund ist, arbeiten wir noch daran, ein perfektes Team zu werden.

Ich entschied mich für Luna, weil ich bemerkte, dass der Border Collie nicht ideal für Weideführung im Tal ist. Der Altdeutsche Hütehund benötigt keine weiten Flächen und hält die Schafe perfekt zusammen. Es ist interessant zu sehen, dass Kira, mein Border Collie, die Schafe unruhig macht, während Luna Ruhe bewahrt. Ein zukünftiger Beitrag könnte lauten: „Der Altdeutsche Hütehund eine neue Welt für mich“.

 

Die Zusammenarbeit zwischen Hirte und Hund

Die Zusammenarbeit zwischen Hirten und Hunden basiert auf Vertrauen und gegenseitigem Verständnis. Jeder Hund hat spezifische Stärken und Aufgaben, die er erfüllt. Der Hirte muss die Fähigkeiten seiner Hunde gut kennen und einschätzen können, um sie optimal einsetzen zu können. Die Hunde lernen durch Training und Erfahrung, auf die Kommandos des Hirten zu hören und sie präzise auszuführen. Die Arbeit der Hunde erleichtert so den Hirten ihre täglichen Aufgaben erheblich.

 

Ein bekannter Spruch besagt: “Ein Hirte mit einem guten Hund ist ein König. Einer mit einem schlechten, ein Bettler.” Dies verdeutlicht die Bedeutung einer guten Kommunikation zwischen Hirte und Hund. Stimmt die Kommunikation nicht, kommt es zu Problemen wie z.B.: dass der Hund abhaut oder beginnt, sinnlos Weidetiere zu beißen/zu treiben. Bei richtiger Kommunikation funktioniert das Zusammenspiel reibungslos und effektiv.

 

Das Vertrauen zwischen Hirten und Hunden muss stark sein. Der Hirte muss darauf vertrauen können, dass der Hund seine Aufgaben auch in großer Entfernung zuverlässig ausführt und nicht abgelenkt wird. Gleichzeitig muss der Hund darauf vertrauen, dass der Hirte die Situation unter Kontrolle hat und ihn vor möglichen Gefahren schützt. 

 

Training und Ausbildung

Die Ausbildung der Hunde beginnt in der Regel im jungen Alter. Sie lernen die grundlegenden Kommandos und werden schrittweise an ihre zukünftigen Aufgaben herangeführt. Es erfordert Geduld, Konsequenz und eine enge Bindung zwischen Hirte und Hund, um ein erfolgreiches Team zu formen. (Die Hunde müssen nicht nur die Herde kontrollieren, sondern auch auf unvorhergesehene Situationen reagieren können.)

Die Ausbildung an der Herde beginnt dann in der Regel zwischen 12 und 14 Monaten. Jedes Training beginnt mit kleinen Schritten, am Anfang arbeitet der Hund immer in der Nähe vom Hirten, und nach und nach erweitert man die Distanz. Sollte man einen Hund überfordern, geht man einfach wieder ein paar Schritte zurück. Wichtig beim Training ist, dass der Hund sich immer wohlfühlt und merkt, dass sein Besitzer ihn immer in eine kontrollierbare Situation führt.

Man sagt auch: “Für jede Pfote ein Jahr Training”

 

Die Bedeutung der Hunde für die Hirten

Hirtenhunde sind für den Hirten unverzichtbare Helfer. Sie entlasten ihn erheblich und ermöglichen eine effizientere und sicherere Führung der Herde. Ohne die Unterstützung der Hunde wäre die Arbeit des Hirten weitaus schwieriger und zeitaufwendiger. Zudem bieten die Hunde dem Hirten Gesellschaft und sind oft treue Begleiter, die ihm durch ihren Einsatz und ihre Loyalität zur Seite stehen.

Der Hund ergänzt die menschliche Arbeitskraft durch Schnelligkeit und Ausdauer, sodass der Hirte nicht allein die Herde beaufsichtigen muss.

Ein Hirte ohne Hund wird schnell zum Sportler, weil er den ganzen Tag bei der Herde auf und ab rennen muss und sich nicht wie ich immer wieder mal an den Stock anlehnen und die Herde genussvoll beobachten kann.



 

Zukunftsperspektiven

Hirtenhunde werden auch in Zukunft von großer Bedeutung sein. Ob in Koppelhaltung oder im geführten Weidegang - trotz technologischer Fortschritte und moderner Hilfsmittel bleiben die Hunde aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit und ihres Instinkts unverzichtbar.

Insbesondere beim Thema Herdenschutz nehmen Hunde weiterhin eine wichtige Rolle ein.

Die Zukunft der Weideviehhaltung und damit des Hirtentums hängt stark von dem Erhalt von Weideflächen, und der Wertschöpfung aus der tierischen Produktion ab. So lange aber Wolle, Milch, Fleisch, und Biodiversitätserhalt nicht Hirten- und Hundeleben finanzieren können, bleiben es die Erzählungen und Kupferstiche, die uns an diese einzigartige Zusammenarbeit erinnern.




 

Autor: Matthias Prieth

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